„Ostsee-Eselwanderung – da melde ich mich mal an!“, haben Sie gedacht und dann kommen Sie auf den Hof und treffen auf einen Haufen dieser Langohren - nicht viel größer als ein Bernhardiner. Sehr niedlich, ja vertrauenserweckend mit ihren großen Ohren und sanften Augen. „Aber, ist das nicht eher was für Kinder?“, überlegen Sie.
Wir nehmen uns Halfter und Putzzeug und gehen auf die Weide. Da kommen sie auch schon näher, die Esel.
Aber es kommt keine stürmische Begrüßung wie beim Hund, sondern vorsichtiges Sich-annähern.
Wenn man sich jetzt auf sie stürzt mit begeisterten Ausrufen, wie „oh, wie süüß!“, dann werden sie das Weite suchen. Viel lieber ist es ihnen, wenn der fremde Mensch einfach so da steht und sich erkunden lässt. Der Esel bestimmt das Tempo, schon beim Kennenlernen.
Wenn sich der Esel dann so zu einem gesellt, dann ist es ihm auch willkommen, wenn man - ganz beiläufig - beginnt, zu kraulen: Hinter den Ohren, auf dem Hals und dann die ganze Wirbelsäule entlang. Nicht zu sachte und nicht zu fest – das würde kitzeln oder weh tun - eben genau richtig soll es sein.
Das ist schon alles, was der Esel braucht, um einen sympathisch zu finden!
Und bitte: keine Leckerlis! Die machen dick und gierig: sofort wird aus dem nettesten Esel ein gieriger Neidhammel, sehr unangenehm!
Nun kann man ein Halfter anlegen und mit einer Bürste den gröbsten Staub entferne. Esel sind immer staubig. Selbst pflegen sie ihr Fell dadurch, dass sie sich ausgiebig im Staub wälzen, das sieht sehr genüsslich aus. Sie werden es am Ende des Weges gerne vorführen. Wenn der Staub sich durch Regen in Matsch verwandelt hat, wälzen sie sich eben darin. Das gibt eine feste Kruste wie Zuckerguss in grau/braun. Sehr schwierig zu entfernen…
Und dann geht es los! Tor auf. Vielleicht hat der Esel Lust auf einen Spaziergang und geht mit. Vielleicht will Ihrer aber lieber zu Hause bleiben, stattdessen drängeln sich die anderen durch die Pforte.
Irgendwann ist auch diese Hürde geschafft und man macht sich auf den Weg. Oder auch nicht. Vielleicht möchte ihr Esel erst mal fressen? Soll er aber nicht. Jetzt ist spazieren gehen angesagt. Und Mensch muss sich durchsetzen.
Nun gilt es wieder – wie schon beim Kennenlernen – das richtige Maß zu finden.
Ihr Esel, den Sie da an der Leine halten, ist wahnsinnig sensibel, auch wenn er nicht so aussieht. Er hat ja den Ruf, stur, faul und störrisch zu sein. Der Esel würde sagen, er ist darauf angewiesen, dass die Wellenlänge stimmt zwischen Mensch und Tier. Und er macht da keine Kompromisse, ist völlig undiplomatisch und fühlt sich zu nichts verpflichtet.
Alles Dinge, die der Zweibeiner neben dem Esel sein Leben lang gelernt und eingeimpft bekommen hat. Und der hat auch noch dafür bezahlt. Und ist es gewohnt, dass man bekommt, wofür man bezahlt hat. Und das ist nicht, rumstehen, ziehen, schieben, wütend werden, schimpfen, verzweifeln, sich blöd vorkommen und schwitzen.
Was will dieser Esel bloß? Man kann vielleicht sagen: dass man ihn kennenlernt, sich auf ihn einlässt.
Dazu muss man langsamer werden, Geduld üben, Selbstbewusstsein ausstrahlen ohne zu streng oder hart zu werden. Der Esel bringt einen dazu, dass man ganz achtsam, konzentriert ist - auf die Situation, auf den Weg, auf diesen Augenblick gerade jetzt - und genießt.
Wenn der Esel einen so weit hat, dass man das Nebeneinanderhertrotten genießt und alles andere um sich herum vergisst, dann scheint er zufrieden und geht einfach mit.
Wieder auf der Weide angekommen, wird er das Wälzen vorführen. Wenn der Mensch dann versonnen lächelnd am Weidetor lehnt, dann weiß man, warum es so schön ist, mit einem Esel spazieren zu gehen – aber vielleicht hat man dann die Frage längst vergessen?
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